Mark Daniel Prohaska trifft Katharina J. Ferner

Was für ein Grätzlfest! Und was für eine Stimmung. Und das Programm war fast das eines Festivals.

DJ PETE CARNAGE trieb uns durch den Abend und auch der Auftritt von Singer-Songwriter DAVID ERA war denkwürdig gut. Was in der Küche passierte – mit ABOZAR, ANDREA und MICHL –, war mit Sternen nicht zu messen. Und – last but not least – auch die FINISSAGE der Ausstellung 21 MOMENTS bestach durch ihren ganz besonderen Glanz.

Für alle, die sie verpasst haben – die Austellung von Mark Daniel Prohaska UND den “Abgesang” von Katharina J. Ferner, die zu den Foto-Ensembles fünf herrliche Miniaturen knüpfte – fügen wir hier nochmals die Texte und Bilder zusammen. Zum Grätzlfest gibts an anderer Stelle mehr ;-)

Die Autos ziehen in Streifen an mir vorbei, lassen Spuren wie Himmelslinien, auch am Asphalt bleibt ein Muster. Mische sie im Kopf neu zusammen wie Spielkarten, wer zieht zuerst, welche Farbe wird zunächst abgelegt, um im rechten Moment wieder aufgenommen zu werden, rot, weiß oder eher, gelb blau. Und ich denke: Hinter der Absperrung wartet das wahre freie Leben. Bleibe dennoch in gebührendem Abstand, um den Schutzraum nicht ungefragt zu betreten. Sich an den belebtesten Orten ausklinken können - wie weggebeamt. Ein Portal zur Anderswelt, in das wir hineinspähen. Aus dem manchmal ein Lachen hervorbricht, ein Seufzen oder ein Gegenstand über die Grenzen hinausrollt. Vage Hinterlassenschaften. Vielleicht bleibt auch von mir eines dieser Zeichen im Stadtbild erhalten Und später wird jemand sagen: Hier stand einmal. Wenn wir am Betonkokon vorbeigehen: Hier schlief. Und: Hier gibt es ein Portal zur Anderswelt.

Hast du den Kopf schon wieder in den? Nein, im Käse, sage ich. In Wahrheit schaue ich ins Mobiltelefon, das Partykrönchen rutscht mir langsam von der Stirn, hängt lose in den Haaren, es zieht und ziept, aber ich bin zu erschöpft mich wieder aufzurichten, das Kinn nähert sich stetig meiner Brust und die Buchstaben am Bildschirm verschwimmen mir allmählich vor den Augen. Der Bus fährt und fährt nicht. Ich beneide ein vorbeifahrendes Kind, um seinen Roller. Erinnerst du dich an die Roller unserer Kindheit, sie waren alle noch nicht elektrisch und man musste ordentlich antauchen, um überhaupt von der Stelle zu kommen. Dafür hatten sie diese richtig breiten Reifen, die einen ohne große Mühe über Gehsteigkanten und Pfützen springen ließen.

Erhitzte Farben, flirren vor der Sonne. Manchmal habe ich das Gefühl es knistert regelrecht in den Mauerritzen. Ich hätte Lust alles abzulegen, der Schweiß sammelt sich unter dem Jackett, ich lasse mir aber nichts anmerken. Dass du mir, bloß nicht ohne Hut aus dem Haus. gehst, hat sie immer gesagt. Bis heute halte ich mich daran, unabhängig von Wind und Wetter, besitze ein Gummiband für besonders starke Böen, leicht geflochtene Kopfbedeckungen für den Sommer und pelzbesetzte Exemplare für Schneefall. Einen Hut für alle Fälle, hat sie immer gesagt. So kommst du mir zweifelsohne stilsicher durch den Tag, du weißt nie auf wen du triffst. Der heutige Hut war es, wegen dem er sie überhaupt erst kennengelernt hatte. Er war in einer Kinovorstellung gewesen und sie hatte hinter ihm gesessen und sich während des Filmes abwechselnd links und rechts an ihm vorbeigebeugt, um auf die Leinwand sehen zu können. Nehmen Sie ihn nicht ab, hatte sie ihm ins Ohr geflüstert, als er sich an den Kopf griff. Er steht ihnen so gut. Kein einziges Mal hatte sie sich beschwert, nur ihr Kinn streifte manchmal seine Schulter, bei besonders spannenden Stellen.

Die letzte Ampelschaltung, bevor die nächtlichen Verkehrsteilnehmer ihren eigenen Regeln folgen, findet kurz vor Mitternacht statt. Mit einem kurzen Surren kündigt sich der Moment an. Wenn das Licht dann verlöscht, lösen sich Insektenlarven aus ihren Verpuppungen und fallen auf die nun kaum mehr befahrene Straße. Zaghaftes Fühlerstrecken. Auch die Tankstelle schließt bald, die Autos am Parkplatz werden in dieser Nacht eingeschneit. Im Schatten der Laterne liest jemand, mit klammen Fingern blättert er die Seiten um, zieht den Mantel fester. Im Buch hingegen herrschen sommerliche Temperaturen, die Schatten werden zwar schon länger, greifen aber noch nicht über. Es ist der passende Tag für einen Ausflug, eine Wanderung mit Picknickpause, ein Verschwinden zwischen den Seiten.

Das Paket ist zu groß für den Inhalt, der Postbote kann es sich nur schwer unter den Arm klemmen, dreht und wendet es, trägt es auf der Schulter, dabei hat es kaum Gewicht. Er wundert sich. Styropor oder Federn, vermutet er. Tatsächlich trägt er einen Wunsch hinaus in den Hof. Hoffentlich geht er nicht verloren.  Bitte, ich brauche meinen Mantel, hat sie gesagt. Schick ihn mir ins Krankenhaus. Ich will noch einmal an den Säumen riechen und mich erinnern. Der feine Stoff leuchtet im ersten Morgenlicht, das weich durch das Fenster auf ihr Bett fällt und tagsüber durch das Zimmer wandert, die Staubspuren aufdeckt, wie an eingezäunten Tatorten.