Was für ein Abend! Wohnzimmer- und Clubatmosphäre in der matchBOX

Am Donnerstag, den 22. Februar fand die Finissage der Foto-Ausstellung “TEXTURES OF BELONGING” von Siegrid Cain statt.

Es wurde ein denkwürdiger Abend – auch, weil wir ihn als Crossover aus Texten, Bildern, Musik und Kulinarik dachten und damit wieder mal großzügig über jedes Ziel hinausschossen.

Gut: Wir wollten was Besonderes an diesem Abend. Gut: Wir ließen uns von unseren Träumen leiten und nicht von den Gartenzwergen, die den Realismus verwalten. Und gut: Eigentlich wollten wir nach 3 Monaten Siegrid Cain keines dieser Bilder mehr von den Wänden der matchBOX nehmen. Zu sehr beanspruchten diese Texturen mittlerweile auf einer neuen Ebene Zugehörigkeiten für sich, die wir nicht mehr im Griff hatten.

Aber weil, wie man sagt, “alles ein Ende haben muss” – erdachten wir eines, das die matchBOX beinahe aus den Angeln hob. Mit David Era (Gitarre, Gesang) und Berenike Tölle (Cello, Gesang), die den Abend musikalisch mit feingliedrigen Indie-Folk aufluden und der Literatin Katharina Ferner, die sphärische Textminiaturen las, die sie eigens für die Bilder der Ausstellung geschrieben hat, bauten wir ein neues Netz aus Verweisen und Beziehungen und schufen damit eine Atmosphäre zwischen Wohnzimmer und Neighborhood-Club.

Dass am Ende noch syrische Spezialitäten aufgewartet wurden, die von unserer wunderbaren Hayat Moosa und ihrem Team – herzlichen Dank! – gezaubert wurden, war dann schon etwas schwierig zu verarbeiten, wenn man mitdachte, dass auch für diesen Abend der EINTRITT FREI war. Aber wir nutzten den Freiraum, den wir seit es uns gibt einfach annehmen, ohne ihn zu haben, indem wir kurzerhand die Ausstellungswände zu einer vertikalen Spendenbox machten.

Und: Es funktionierte. Das Geben und Nehmen steckte an. Und am Ende nutzten zahlreiche Gäste die Gunst der Stunde und erwarben sich ein handsigniertes Original der Ausstellung TEXTURES OF BELONGING und nahmen es mit – in ihre eigenen “4 Walls of Belonging”. Womit der Kreis für einen Augenblick wie von Geisterhand geschlossen war.

Synergien perfekt gebündelt - die infoBOX mit PGS und fairMATCHING

Zusammen arbeiten - Themen aufgreifen, die am Puls der Zeit sind und unsere TeilnehmerInnen interessieren - über den Tellerrand schauen! Das haben wir uns zum Ziel gesetzt - und letzte Woche wieder gelebt.

Unsere Zusammenarbeit mit PGS (Salzburger Arbeitsstiftung für Pflege, Gesundheits und Sozialberufe) ist in den letzten Monaten immer intensiver geworden - und hat auch schon ein paar sehr schöne Erfolgsgeschichten geschrieben. 

Nun haben wir unsere Synergien einmal mehr gebündelt und gemeinsam eine sehr schöne Veranstaltung abgehalten. Im Rahmen unsere Reihe „matchBOX informiert“, hat Martina Stark von PGS - sehr interaktiv und anschaulich -  über verschiedene Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten in der Pflege berichtet.

Martina Stark bei der Eröffnung des Nachmittags.

Eine besondere Rolle hatten an diesem Nachmittag unsere Rolemodels Toulin und Abozar. 

Sie beide wurden vor Jahren von fairMATCHING betreut und haben mittlerweile im Bereich Pflege Ausbildungen gemacht und beruflich Fuß gefasst. Ihre Erfahrungen zu hören und ganz konkrete Fragen aus der Praxis zu stellen, war besonders spannend.

Toulin und Abozar haben wertvolle Einblicke in die Praxis gegeben.


Auch dank unserer interessierten Gäste und der braven Kinder war es ein wirklich toller, energiegeladener Nachmittag - der im nächsten Jahr bestimmt wiederholt wird!

TEXTURES OF BELONGING - Vernissage

Es war wirklich höchste Zeit, dass wir diese Ausstellung mit SIEGRID CAIN angedacht und umgesetzt haben. Das zeigt auch, wie stimmig alles von anfang an ineinandergriff – die gemeinsame Auswahl, die Anordnung der fotografien, die Textur der Ausstellung. Und am Ende das wunderbare Gedicht von David Whyte, das wie aus heiterem Himmel zu uns kam und uns inspirierte, als wir den Titel der Ausstellung hatten.

Und so war es auch nicht verwunderlich, dass die Vernissage am 9.11. in jeder hinsicht ein Schillernder und inspirierender abend wurde.

An dieser Stelle ist eine Vorwarnung angebracht. Die Fotografien von Siegrid machen was mit einem, wenn man sich in ihrer Nähe aufhält. Und damit meine ich kein bestimmtes Bild, sondern viel mehr ihr geheimes Zusammenspiel – wie sie unter der Hand den Stab der Bedeutung weitergeben.

Natürlich kann man sich die Fotografien auch einzeln ansehen, sie sind wie Fenster, die in eine andere Welt führen. Eine Welt, die weit mehr ist als die Abbildung des Realen, das uns umgibt. Die Fotografien sind wie Zeugen einer sehr persönlichen Auseinandersetzung mit der Welt, Beziehungsarbeit im besten Sinn des Wortes – bei dem die Teile vor allem im Miteinander zu funkeln beginnen.

Und deshalb zeigen sie nicht nur Texturen von Welt, die nicht ohne die Betrachterin gedacht werden können, sie sind auch wie Texturen zu lesen. Texturen, in denen sich jedes Teil auf andere bezieht und erst in der Differenz seine geheime Bedeutung verrät.

Es gibt zwei Arten, sich Fotografien zu nähern – die eine ist die, die auf das zeitlos Gültige darin schaut, die andere – und im Falle von Siegrid Cain erfolgversprechendere – Art ist die, die das flüchtig Subjektive umkreist und den Situationen nachspürt, in denen die Aufnahme stattfand. Kein Wunder, dass Siegrid Cain zu jeder dieser Momentaufnahmen eine Geschichte erzählen kann. Und auch wenn sie sie nicht erzählt, spürt man diese möglichen Aufladungen, sobald man genauer hinschaut.

“ES SIND SEHR PERSÖNLICHE ZEUGNISSE EINER SUCHE NACH ZUGEHÖRIGKEIT IN EINER WELT, DIE SCHON LANGE NICHT MEHR ALS GEGEBEN ANGENOMMEN WERDEN KANN.”

Die Ausstellung ist noch bis Mitte Dezember zu sehen. Dienstag, Mittwoch, Donnerstag von 8 bis 12 Uhr oder nach Absprache mit Katrin Gerschpacher bzw. Siegrid Cain.


The House of Belonging
by David Whyte

I awoke

this morning

in the gold light

turning this way

and that

thinking for

a moment

it was one

day

like any other.

But

the veil had gone

from my

darkened heart

and

I thought

it must have been the quiet

candlelight

that filled my room,

it must have been

the first

easy rhythm

with which I breathed

myself to sleep,

it must have been

the prayer I said

speaking to the otherness

of the night.

And

I thought

this is the good day

you could

meet your love,

this is the black day

someone close

to you could die.

This is the day

you realize

how easily the thread

is broken

between this world

and the next

and I found myself

sitting up

in the quiet pathway

of light,

the tawny

close grained cedar

burning round

me like fire

and all the angels of this housely

heaven ascending

through the first

roof of light

the sun has made.

This is the bright home

in which I live,

this is where

I ask

my friends

to come,

this is where I want

to love all the things

it has taken me so long

to learn to love.

This is the temple

of my adult aloneness

and I belong

to that aloneness

as I belong to my life.

There is no house like

the house of belonging.

RETURN TO SEOUL

Letzten Mittwoch zeigten wir im matchBOX KINO: “rETURN TO SEOUL”. “ein unbehagliches Wunder von einem Film” nannte die New York Times diesen WERK des französisch-kambodschanischen Regisseurs DavY Chou.

Das Wunder sprang jedenfalls über – es wurde wieder einmal ein ganz besonderer Abend in unserer matchBOX. Und fast wie im alten Kino haben wir uns dazu entschlossen, nach exakt einer Stunde eine Pause für den Filmrollenwechsel einzulegen – für Popcorn- und Drink-Refills und ein kurzes Durchatmen - was von den anwesenden BesucherInnen sehr gut aufgenommen wurde.

Der Film erzählt von der Suche einer jungen Französin nach ihren Wurzeln in Südkorea. Eine Reise, die gar nicht richtig geplant war, verändert so ziemlich alles. Doch eigentlich sind es drei Reisen, die die junge Frau unternimmt. Und weil diese Reisen zeitlich weit auseinander liegen, sind es im Film drei Entwürfe ihrer Selbst, die sich im Dickicht der kulturellen Vereinnahmungen beweisen müssen.

Ein Film, der niemanden kalt lässt und uns alle, die wir unsere kulturellen Prägungen nicht als gegeben hinnehmen, sondern plötzlich von ganz weit weg betrachten, ein bisschen zu Adoptivkindern macht.

Hervorhebenswert ist auch die schauspielerische Glanzleistung von PARK JI-MIN in der Hauptrolle, die bestimmte Szenen im Film so spielt, dass einem der Mund lange offen bleibt.

Mobile Disco – Picknick im Park

Geplant war es als gemütliches Zusammenkommen vor dem Sommer. Und auch als Reminiszenz an unser legendäres erstes Job-Speed-Dating im Volkgarten 2017. Dass daraus ein “MOBILE DISCO PICKNICK IM PARK” geworden ist – mit einem Hauch von Flash-Mob-Feeling – ist Dominik Tamegger zu verdanken, der nicht nur mit seinem very special Sound.Bike aufkreuzte, sondern auch noch eine Reihe namhafter DJs mitbrachte.

Den Hauptact am Mischpult bestritt am Ende Soundmaster Uschi Berger, die uns mit ihrem Crossover aus coolen Klängen und Styles in den Sommerabend wiegte. Dazwischen wurde viel getratscht, erzählt, gelacht und gechillt. Selbstgemachtes Essen und mitgebrachte Getränke wurden ausgetauscht. Kinder spielten Fußball oder Minigolf (danke Paul vom Kiosk für Schläger und Bälle!) oder waren irgendwo zwischen Spielplatz und Picknick-Decken unterwegs.

Keine Polizei, keine Nachbarn, keine Parkbewohner, die sich belästigt fühlten. Öffentlicher Raum, wie er sein soll. Zum respektvollen Bewohnen, Besetzen, Zusammenkommen. Der Mix aus Einheimischen und Zuagroasten war wieder mal perfekt! Danke an alle, die vorbeigeschaut haben. Und die, die da waren, waren so was von richtig.

Als wir heimgingen, meinten einige, dass man so nicht nur den Sommer, sondern auch den Herbst starten sollte. Vielleicht sehen wir uns ja im September in ähnlichem Setting wieder.

fairMATCHING Job Speeddating – zum siebten Mal!

Man kann meinen, unser erfolgreiches Format ist mittlerweile Routine … ja, gewisse Abläufe und Prozesse durchaus. Doch vieles ist jedes Mal aufs Neue spannend, ungewiss und nicht wirklich planbar – umso mehr freuen wir uns, dass auch unser letztes Job Speeddating sehr erfolgreich über die Bühne gegangen ist.

Letzte Woche war es zum 7. Mal wieder soweit:  Elf Salzburger Unternehmen und ca. 35 Arbeitsuchende Menschen haben sich bei unserem Job Speeddating – ganz ungezwungen und unverbindlich – kennen gelernt.

Von 9-12 Uhr fanden im Bildungszentrum Borromäum (danke zum wiederholten Mal für die Räumlichkeiten, in denen wir fast schon zuhause sind!) sehr viele angeregte Gespräche und ein sehr fruchtbarer Austausch auf Augenhöhe statt.  

Das wunderbare an diesem Format ist, dass sich im Laufe dieses Vormittags aufgrund der Atmosphäre und persönlichen Eindrücke so viel entwickeln kann. Zu sehen, welche Offenheit – sowohl von Seiten der Unternehmen als auch der BewerberInnen entsteht – und welche ungeahnten Matchings daraus resultieren, ist immer wieder einzigartig. 

Wie schön, dass das nie zur Routine wird!

UM MICH HERUM GESCHICHTEN

Luna Al-Mousli hat am Donnerstag, den 1.6.2023 bei uns in der matchBOX gelesen — und mit uns gelacht! Geboren in Melk, Aufgewachsen in Damaskus, STUDIERT an der angewandten in Wien – bewegen sich ihre Arbeiten im Spannungsfeld von Literatur, Kunst und Aktionismus. Und bLEIBEN: AUF DER SUCHE.

Es war die letzte Station einer längeren Lese-Tournee, die Luna nach Deutschland und in die Schweiz führte. Und es wurde, wie so oft in der matchBOX, ein Heimspiel für alle Beteiligten.

Luna erzählte, Luna las und Luna stellte sich mit ansteckender Lust und Offenheit allen Fragen von Wolfgang Tonninger und den interessierten Gästen. Was begeisterte, war - neben den Leseproben - vor allem der erfrischende und lebensnahe Zugang zur altehrwürdigen Literatur. Sie sei hineingestolpert in diese Disziplin, erzählte sie. Ihr erstes Buch war eigentlich die Abschlussarbeit an der Angewandten, ein emphatisch designtes und bis in die Typographie durchkomponietes bibliophiles Kunstwerk in einer Auflage von 10 Stück.

Für den Verlag war das alles “etwas steil” erinnert sie sich, als sie mit fertigem Buch und präzisen Produktionsvorgaben dort anklopfte. Aber dem Zufall wollte sie dieses Projekt auf der Zielgeraden auf keinen Fall überlassen.

EINE TRÄNE. EIN LÄCHELN. MEINE KINDHEIT IN DAMASKUS war der verheißungsvolle Startschuss ihrer literarischen Laufbahn. Der Einband aus weichem Samt steht im Kontrast zu den schmerzlichen Erinnerungen, die der rote Farbverlauf im Bug des Buches andeutet: “Es ist auch jetzt für mich immer noch sehr schwer darüber zu reden, wie es war und vor allem wenn man vor Augen hat, wie es jetzt ist. Und es ist für mich jedes Mal, wenn man das Buch aufmacht und lesen will, wie wenn man in eine Wunde reinschaut. Und diese Wunde dann auch wieder schließt, wenn man das Buch schließt."

Mit UM MICH HERUM GESCHICHTEN und ALS OMA, GOTT UND BRITNEY SICH IM WOHNZIMMER TRAFEN. ODER: DER ISLAM UND ICH gab Luna Al-Mousli eine wunderbare Kostprobe ihres Schaffens. Und auch ein stimungsvolles Bild ihrer Entwicklung als Literatin – von den sehr persönlichen Erinnerungen aus der ICH-Perspektive, zu fünf durchkomponierten ERZÄHLUNGEN aus der Perspektive der Gegenstände, die mit ihren Protagonisten die kulturelle Zerrissenheit der Entwurzelten* ausloten.

Wobei – das mit der Entwicklung ist alles andere als gesetzt. “Ich denke Bücher als Projekte. Und die Projekte machen ganz unterschiedliche Herangehensweisen und Stile erforderlich. KLATSCHEN REICHT NICHT – mein Buch mit Portraits über Systemheldinnen ist naturgemäß viel reportagiger als die Erzählungen. Keine Ahnung, welches Projekt mich als nächstes fesselt. Ich bin gespannt.”

Wir sind es auch, liebe Luna.
Und schau vorbei in der matchBOX, wenn du in Salzburg bist!

*Das mit der Entwurzelung sagt sich so schnell. Aber natürlich ist das etwas, das zwischen dem Gefühl “Zuhause zu sein” und “Heimat” steht bzw. dafür verantwortlich ist, dass diese beiden Gefühlszustände nicht einfach zur Deckung gebracht werden können. Einen Tag nach der Lesung von Luna Al-Mousli lese ich den GEMISCHTEN SATZ von ZEIT-Redakteur Christian Ankowitsch, der seit 30 Jahren in Deutschland lebt und immer noch fremdelt. Ganz bewusst fremdelt, wohlgemerkt, weil er sich damit beweglich hält: “Ich fühle mich halb dabei und halb draußen und schlingelschlangel unberechenbar zwischen den beiden Aggregatzuständen hin und her. Wie ich mich fühle, hängt von meiner Tagesform ab …”

An diesem Tag hat die Form jedenfalls gestimmt, bei Luna!

Wir müssen die Dinge beim Namen nennen

“ÖVP-Chef Karl Mahrer ist ein Rassist.” So betitelt Florian Klenk seinen heutigen Newsletter. fairMATCHING sieht sich auch als Plattform, um diesen Positionen Raum zu geben. Denn die rechte Unterwanderung dieser Gesellschaft ist mittlerweile zum Haareraufen. Wir wollen diesen gegenaufklärerischen und demokratiefeindlichen Tendenzen keinen Raum geben. Und keinen Platz in unseren Köpfen. Herr Klenk, hier ist der Platz für Sie. Copy. Paste.


Guten Morgen!

Gestatten Sie mir ein persönliches Werturteil: Karl Mahrer ist ein Rassist. Ich schreibe das hier nicht einfach so hin. Ich kenne den derzeitigen Chef der ÖVP Wien seit zwanzig Jahren, weil ich früher oft über Polizeifolter berichtet habe. Mahrer zog hier klare Linien und ich hätte ihm, dem ehemaligen Vize-Chef der Wiener Polizei, dieses Etikett nie verliehen.

Aber seit einigen Tagen sehe ich es anders. Warum? Mahrer macht mit einem Video über den Brunnenmarkt gegen Ausländer mobil. Und zwar nicht etwa, weil sie extremistisch oder kriminell sind, also ein unliebsames Verhalten setzen. Sondern nur deshalb, weil sie Ausländer sind und es wagen, hier zu arbeiten und „ungestört ihre Kultur zu leben". Genau so formuliert es Mahrer und stört diese Menschen. Er greift sie nur aufgrund ihrer Herkunft an. Genau das ist Rassismus.

Sie merken schon, ich reagiere scharf. Das ist deshalb so, weil der Brunnenmarkt auch mein Grätzel ist. Ich beobachte sehr genau, was hier passiert und wie die Stadt regiert. Ich kenne die Lokale, die Standler, die Bäcker, Wirtsleute, Bezirkspolitiker. Natürlich gibts hier all die Probleme einer verdichteten Großstadt, vor allem an Schulen. Themen, denen sich die Politik annehmen muss. Aber nicht so wie Mahrer. 

Mahrer mag keine Ausländer am Brunnenmarkt, weil sie genau das tun, was die ÖVP will: sie betreiben freie Marktwirtschaft. Mahrer aber verachtet sie, weil sie anders aussehen, anders essen und anders beten, als er selbst. Mahrer schürt deshalb Neid: mit Vorurteilen und Unwahrheiten. 

Er tut das, um in jenem FPÖ-Milieu zu fischen, das er die „schweigende Mitte“ nennt. Manche Journalisten, etwa ein Kollege vom Kurier, meinen nun, man solle Mahrers „spalterischen Opa-Content“ nicht weiter breiten, denn: „Ist es nicht wurscht?“ 

Nein, es ist nicht wurscht.

So sieht lauf ÖVP-Chef Mahrer ein „Sinnbild gescheiterter Integration“, eine „No-Go-Area“ und eine „Unsicherheitszone“ aus – der Brunnenmarkt im 16. Bezirk (© FALTER/Christopher Mavrić)

Mahrers Mär

… und die Fakten.

Schauen wir uns Mahrers Propaganda genauer an. Sein Video nennt sich „Brunnenmarkt einst und heute“ und Mahrer behauptet darin, er habe mit Anrainern und Standlern gesprochen. Und die hätten ihm Folgendes erzählt: „Syrer, Afghanen, Araber“ hätten „die Macht über den Brunnenmarkt“ übernommen. Da gebe es zum Beispiel das Gerücht über „einen Syrer“, der „hat fünf Stände am Brunnenmarkt“ und er wolle „einen sechsten und einen siebten“ und er habe gesagt: „Ich zahle jeden Preis, ich habe Geld genug“.

Der Text enthält alle rechten Codes, wie sie auch die Identitäre Bewegung verbreitet. Da sind die "anderen" (die Afghanen und Araber), die hier „die Macht übernehmen“, "die Syrer", die „jeden Preis“ zahlen, weil sie „Geld genug“ haben und das Wiener Wahrzeichen „aufkaufen“. Mahrers Klientel versteht es: die arabischen Clans bedrängen nicht nur unser Wien, sondern auch unsere Bauern, die hier verdrängt werden.

Nirgendwo findet sich für Mahrers Behauptungen ein Beleg. Im Gegenteil: am Samstag ist der Yppenplatz voll mit Bauern. Mahrer war offenbar noch nie hier.

Aber der Wiener ÖVP-Chef legte auf Twitter noch nach. Am Brunnenmarkt würden sich Zuwanderer „zunehmend von der Mehrheitsgesellschaft abschotten“. Der Brunnenmarkt, twittert er, sei ein „Sinnbild gescheiterter Integration“, eine „No-Go-Area“ und eine „Unsicherheitszone“. Er hätte nur in eines der vielen Cafés gehen müssen, um sich eines Besseren zu belehren.

Und dann macht er noch etwas wirklich Hinterhältiges: Er stellte eine diskursive Verknüpfung zwischen den Marktstandlern und allen Sexualstraftaten her, die in Ottakring von 2020 auf 2021 angeblich „um 50 Prozent“ gestiegen seien.

Beginnen wir mit der Polizeistatistik: In der Corona-Zeit kletterte die Zahl der Anzeigen wegen Sexualstraftaten in ganz (!) Ottakring von 68 auf 105. Pro Jahr. Davon betrafen allerdings 24 Anzeigen wegen Kinderpornografie am Computer – also Delikte, die nicht im öffentlichen Raum begangen wurden, schon gar nicht am Brunnenmarkt. Wegen des Vergehens „sexueller Belästigung“ wurden 22 Anzeigen erstattet – bei 102.000 Einwohnern eine erstaunlich geringe Zahl, zieht man in Betracht, dass der äußere Gürtel uns seine Lokale zu Ottakring zählen.

No-Go-Area? Der Brunnenmarkt zählt pro Woche laut Marktamt 80.000 Besucher. Das sind rund vier Millionen Menschen pro Jahr. Er ist damit der am meisten besuchte Markt, am Samstag findet man am Yppenplatz in den bosnischen, türkischen oder Wiener Lokalen keinen freien Stuhl.

Niedergang der Marktkultur? Gäbe es keine „Syrer und Afghanen“, wäre das Grätzel tot, schreibt Clemens Neuhold vom profil, selbst ein Brunnenmarkt-Anrainer. Und sogar das ist gewagt, denn die 171 Marktstände werden von Kleinunternehmern aus 46 Nationen bewirtschaftet – hier ist also nicht „alles gleich“, wie Mahrer insinuiert. Und am Wochenende kommen die von Mahrer vermissten „heimischen Landwirte und Nahversorger“ und bieten Kraut, Speck und Rüben feil.

Die Stadt Wien hat hier auch nie „weggesehen“. Im Gegenteil, sie hat fett investiert. 2010 wurde der Markt um vier Millionen Euro generalsaniert. 600.000 Euro hat die Stadt die Modernisierung und Begründung des Yppenplatzes investiert. 2019 erfolgte die Sanierung der angrenzenden Neulerchenfelderstrasse. Sie wurde um fünf Millionen Euro begrünt, mit Sitzmöbeln versehen und fußgängerfreundlich gestaltet. Die Ottakringerstrasse wurde 2013 saniert: 6,2, Mio Euro flossen in breitere Gehsteige und einen Radweg. Bei der Josefstädterstraße werden Obdachlose nicht vertrieben, sondern im "Josi" betreut.

Am Markt selbst wurde die Nordzeile 2019 zur Fußgängerzone. Die Thaliastrasse wird gerade zu einem „Klimaboulevard“, das kostet 18 Millionen. 200 Bäume, Sitzmöbel, Präriebeete gibt es hier jetzt – und natürlich das Kinderfreibad.

Beim Brunnenmarkt finden Kulturfestivals statt, das Volxkino, die Kunsttankstelle und die Brunnenpassage öffnen hier die Türen. Die Passage gehört der Caritas. Mahrer war hier vor ein paar Jahren und warnte vor Zündlern, nun ist er selbst einer.

Caritas-Direktor Klaus Schwertner richtet Mahrer daher Folgendes aus: „Wir erleben den Brunnenmarkt als Erfolgsbeispiel, wie Integration in einer Millionenstadt gelingen kann. Es ist höchst befremdlich, dass nun eine Partei, die gerne Integration vor Zuzug fordert, es Marktstandlern gleichzeitig zum Vorwurf macht, wenn sie Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen. Ich glaube, dass es weniger der Brunnenmarkt ist, der sich in den vergangenen Jahren geändert hat, als vielmehr Karl Mahrer selbst.“

Unsicherheitszone? Ja, für die FPÖ und die ÖVP. Die Blauen haben im Sprengel Yppenplatz bei der Nationalratswahl nur mehr 4,2 Prozent bekommen, die ÖVP 13 Prozent. Wo sich Menschen unterschiedlicher Kulturen begegnen, haben die Angstmacher keinen Auftrag. Da wird grün gewählt - die Ökos haben im Sprengel Yppenplatz mit 45 Prozent ihre Hochburg.

 

Florian Klenk


Küchenkabarett mit Omar Khir Alanam

Wir haben es geschafft! Nach 3-jähriger Pause war es wieder soweit. Am 24. Februar im Bauchladen konnten wir unsere Vision wieder mal erproben: 40 Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft an einem Tisch auf Augenhöhe zu versammeln. Gut, es wurden am Ende 4 Tische. Aber es war Augenhöhe pur. Von Anfang an.

Danke an alle die da waren und damit unseren Verein unterstützt haben! Und danke an das tolle Team vom bauchladen – Susanne Erhart, Andreas Auer und Andreas Sunkler –, mit dem wir gemeinsam erspüren konnten, was Partnerschaft bedeuten kann.

Und danke natürlich an den Autor, Poetry Slammer, Kabarettisten, küchenchef und freund OMAR KHIR ALANAM! Was du in der Küche und um die Küche herum geleistet hast, war einfach wundervoll.

Wir sind demütig. Weil wir wissen, dass das alles nicht selbstverständlich ist. Aber der Funke ist übergesprungen. Und die Welt war für einen Abend lang ein kleines Stück besser. Das angekündigte Feuerwerk für Herz, Hirn und Magengrube fand statt. Leise und spektakulär zugleich. Danke Siegrid Cain!, dass du den Abend - angeräumt mit kulinarischen und menschlichen Höhepunkten – fotografisch so wunderbar festgehalten hast.

Grotesk, dass es ausgerechnet der Jahrestag war, an dem der fürchterliche Krieg in der Ukraine begonnen hat. Seit damals gibt es in Österreich es auch sogenannte “KRIEGSVERTRIEBENE” neben den “GEFLÜCHTETEN”. Wir wissen, wie wichtig die schnelle Aufnahme der Menschen war und ist, die aus der Ukraine zu uns kommen. Wir wissen aber auch, dass die Arbeit mit Flüchtlingen so wichtig ist, wie nie zuvor – auch, oder gerade weil sie immer mehr aus dem Diskurs hinausgedrängt werden. Dabei dreht sich hier wie dort alles um die eine Frage: Sind wir als Gesellschaft bereit, Menschen eine Perspektive zu geben?

Man braucht ein großes Herz, wenn man/frau heute ein Fest begehen will. Krieg, Naturkatastrophen, Klimakollaps und De-Solidarisierungstendenzen überschatten beinahe alles, was wir angreifen. Aber wie unser lieber Freund Omar Khir Alanam es treffend formulierte: “Wir dürfen nicht aufhören zusammen zu kommen, wir dürfen nicht aufhören daran zu erinnern, dass Morgen schöner ist.”

Corona hat vielleicht unser Zeitgefühl beschädigt. Corona hat vielleicht die Visionen kleiner und die Angst größer gemacht. Aber die Menschlichkeit lassen wir uns nicht nehmen. Es ist wie gestern und doch eine Ewigkeit her, dass Jehad Turjman am 30. Juli 2022 am Höhen Göll den Abstieg nicht mehr fand. Auch ihn haben wir an diesem Abend in unsere Mitte genommen. Das Herz hat gelacht. Das Herz hat geweint. Und es fühlte sich an wie das Leben.

In ein paar Tagen wird der unermüdliche Omar bei den Dancing Stars seinen ersten Samba tanzen. Wir drücken ihm die Daumen und hoffen, dass er bis dahin das Küchenkabarett in Salzburg aus den Knochen bekommt. Du warst großartig. Wir danken dir!

WOHER, WOHIN?

Letzten Donnerstag war ein ganz besonderer Tag für unsere matchBOX. Verwandelte sie sich doch erstmals unter der Hand und vor unsren Augen zur Bühne, die Akram Brody (Performance) und Mario Vavti (Posaune) wunderbar bespielten.

Im Stück “WOHER, WOHIN?” für einen Schauspieler und einen Musiker, das der im Irak geborene Akram Brody gemeinsam mit Christa Hassfurter von bodiendsole erarbeitet und gerade in Hallein uraufgeführt hat, regiert vor allem das Körperliche, Physische, Sichtbare. “Ihr wollt wissen, woher ich komme?” – mit dieser Frage richtet sich Akram Brody nach 5 Minuten erstmals stimmlich an sein Publikum. Wer an dieser Stelle auf eine Antwort wartet, die aus Worten gezimmert ist, wird lange warten. Denn die Antwort, die Akram Brody gibt ist visuell eindringliche Körperarbeit, die nichts anderes sagt als: “dann schaut hin!” - schaut sie an diese fremde und doch so nahe Welt, die er und Mario Vavti mit seinem hautnahen Posaunenspiel bis in die abgelegendsten Winkel beleuchten.

Und es gab in der Tat viel zu schauen. Wie er sich aus den Seilen entwindet, die ihn fesseln, wie er versucht, sich am Boden über dem Wasser zu halten. Wie er sich hinter dem Weltball versteckt, mit ihm spielt oder ihn Atlas gleich schultert. Oder wie er sich durch einen Stuhl schlängeln muss, der traumatisch rot leuchtet, um seinen Platz zu finden.

Die 30 Minuten, die das Stück dauerte, vergingen jedenfalls wie im Flug. Und das, was während des Stücks nicht gesagt wurde, drängte danach in den Theaterraum. Selten so eine feine Stimmung erlebt, wo sich Fragen, Antworten, Kommentare, Ideen in einem gemeinsamen Nachdenken die Hand geben – als gäbe es die Bühne schon nicht mehr.

Danke an alle, die diesen Raum im Miteinander geschaffen haben.